Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.

Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 24. September 1998

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"Datenschützer akzeptieren Pläne zur Sozialkontrolle
Die von Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) geplante Ausweitung der Kontrollen gegen Sozialhilfemißbrauch werden vom Berliner Datenschutzbeauftragten akzeptiert. 'Die Maßnahmen erfolgen auf Grundlage des Bundessozialhilfegesetzes. Wir wurden an den Planungen beteiligt', erklärte Vize-Datenschutzbeauftragte Claudia Schmid. Wie berichtet, will die Sozialsenatorin künftig die Daten von Leistungsempfängern nicht nur zwischen den Bezirken abgleichen. Einbezogen in die verdachtsunabhängigen Kontrollen sollen auch Kfz-Zulassungsstelle, Landeseinwohneramt, Unterhaltsvorschußkasse und Wohnungsunternehmen werden. ... In den Fraktionen stieß der Plan auf ein unterschiedliches Echo: Volker Liepelt (CDU) hält schärfere Kontrollen für eine 'dringliche Aufgabe'. Leistungsmißbrauch vergifte das soziale Klima. Hermann Borghorst (SPD) begrüßt mehr Überprüfungen, solange der Datenschutz respektiert sei - eine Position, die der Bündnisgrüne Michael Haberkorn teilt." MoPo 24.9.98 S. 9

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"Experten streiten über Datenrecht der Zukunft
Einige Juristen fordern Anspruch auf Netzzugang für alle, andere fürchten Überwachung. Das Datenschutzrecht muß nach Ansicht von Experten dringend überarbeitet werden. Über die Richtung ist der Juristentag in Bremen uneins. Die einen wollen hin zu einem Recht auf 'informationelle Selbstbestimmung'; die anderen meinen, es müsse erst einmal die Idee des Abwehrrechts stärker umgesetzt werden, das den Bürger gegen den 'Datenhunger' von Staat und Verwaltung schützt. Für eine Novellierung des Datenschutzrechts gibt es vor allem zwei Gründe: die erforderliche Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie und die rasante Entwicklung der Informationstechnologien. ... Auf dem Juristentag waren sich die Experten am Mittwoch einig: Angesichts dieser Dynamik hinkt das deutsche Recht hinterher. In einem Gutachten verlangte der Berliner Rechtswissenschaftler Michael Kloepfer, der Gesetzgeber müsse auch die neuen kommunikativen Freiheiten durch die Teilhabe an Information in den Blick nehmen, statt Datenschutz weiterhin nur als 'Bändigung staatlichen Informationsinteresses' zu begreifen. Ähnlich argumentierte der Speyerer Professor Rainer Pitschas: Neu zu konturieren sei ein Informationsrecht der Individuen. Staat und Gesellschaft seien dazu verpflichtet, die Anprüche auf Zugang zu Informationsnetzen zu sichern. ... Nach Ansicht des hessischen Datenschutzbeauftragten Rainer Hamm verschärft sich das Problem durch das immer dichter geknüpfte Netz von Zentraldateien: Die Einzelerfassung zum Beispiel im Ausländerzentralregister, in der Gen-Datei, beim Bundeskriminalamt, im Gesundheitsnetz und anderen Verbunddateien möge für sich genommen harmlos erscheinen; in der Summe steuere sie auf eine 'Totalerfassung' hin. Die Strafprozeßordnung erscheine mittlerweile 'als eine Art Warenhauskatalog zum Abruf von Erlaubnissen für Ermittlungstechniken'. Der Dissens unter den Experten konkretisierte sich unter anderem an dem Streitfall Kryptographie. Pitschas befürwortete einen Schlüssel in der Hand staatlicher Sicherheitsdienste, damit Kriminelle nicht unbemerkt elektronische Nachrichten austauschen können. Dagegen spottete Hamm: Eine entsprechende Vorschrift habe etwa dieselbe Durchschlagskraft wie eine gesetzliche Bestimmung, 'nach der Straftaten spätestens drei Tage, bevor sei begangen werden, bei der Staatsanwaltschaft anzumelden sind.'" FR 24.9.98 S. 4

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"Elektronische Fußfessel wird 'still dahinsiechen'
Der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses begann am Mittwoch mit der ersten Lesung des Etats 1999. Dabei wurde bekannt, daß Justizsenator Ehrhart Körting für die von seiner Vorgängerin betriebene Einführung der elektronischen Fußfessel nichts ausgeben will. Der Bundesrat habe die entsprechende Gesetzesinitiative an eine Arbeitsgruppe überwiesen, die 'ein Instrument zum stillen Dahinsiechen' sei." MoPo 24.9.98 S. 14

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"'Black box' im Autokofferraum soll mehr Sicherheit bringen
Datenspeicher wird bei 90 Berliner Führerscheinneulingen getestet / Über einen Zugang für alle Anfänger wird nachgedacht. ... Bei über 1 500 jungen Fahrern werden in sechs Bundesländern für einen Großversuch des Instituts für Verkehr und Umwelt in Baden-Württemberg (IVU) in den nächsten Wochen im Auto die Fahrdatenspeicher eingebaut. In Berlin haben sich 90 junge Männer freiwillig zum Test bereiterklärt. Das kleine Gerät, das im Kofferraum eingebaut wird, speichert, wann und wielange die Zündung, Blinker, Bremen und das Licht betätigt werden und wie schnell der Fahrer fährt. Außerdem werden Kurvenlage oder das Schleudern des Autos registriert. Der Kasten sammelt die Daten ständig. Sie werden allerdings alle 45 Sekunden überschrieben, wenn sich kein Unfall ereignet. ... Der Berliner Staatssekretär für Verkehr, Ingo Schmitt, wollte allerdings die Ergebnisse des Tests abwarten, bis man über einen Zwang für alle Fahranfänger entscheidet." BerlZtg 24.9.98 S. 23

"Black box soll Autofahrer vom Rasen abhalten
45 Berliner fahren mit einem Datenschreiber im Nacken für den bundesweiten Feldversuch." MoPo 24.9.98 S. 14

"Black box im Auto soll Unfälle vermeiden
Pilotversuch vorgestellt / Fahren junge Männer wegen des elektronischen Aufpassers vorsichtiger?" Tsp 24.9.98 S. 12

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"Kommunen müssen Parteien Daten liefern
Das Verwaltungsgericht Frankfurt (O.) hat 17 Städte, Ämter und Gemeinden im Kreis Märkisch-Oderland angewiesen, interessierten Parteien persönliche Daten von Wahlberechtigten zu übermitteln. Die Richter entsprachen mit dem Erlaß einer einstweiligen Anordnung einem Antrag der FDP, der die Kommunen die Herausgabe der Angaben aus dem Melderegister verweigert hatten." MoPo 24.9.98 S. 34

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"Fahrtenbuch muß Adressen enthalten
Wer als Geschäftsmann ein Fahrtenbuch führt, muß dem Finanzamt auch die Adressen seiner Kunden mitteilen. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf in einem am Mittwoch bekanntgewordenen Urteil entschieden (Az.: 8 K 1661/97 E). Ein Versicherungsvertreter hatte in seinem Fahrtenbuch lediglich die besuchten Städte angegeben, dem Finanzamt aber die Anschriften der Kunden unter Hinweis auf den Datenschutz verweigert. Nach Ansicht der Finanzrichter wird dem Datenschutz aber durch das Steuergeheimnis ausreichend Rechnung getragen." HB 24.9.98 S. 4

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"Lauschangriff: In drei Ländern wird abgehört
... In den meisten Ländern wurde das umstrittene Instrument des Abhörens von Wohnungen seit der Verabschiedung des Gesetzes im Mai noch nicht eingesetzt. Das ergab eine dpa-Umfrage. Ausnahmen sind Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg. Hier wurde bereits gelauscht. In Niedersachsen ist ein Fall in Vorbereitung." taz 24.9.98 S. 4

"'Lauschangriff bleibt Ausnahme'
Nur wenige Bundesländer nutzen bislang neue gesetzliche Möglichkeiten" Welt 24.9.98 S. 2

"Fahnder lauschen nur selten
Ermittler schöpften neuen Spielraum erst zweimal aus. ... Auch in Bayern findet der umstrittene Lauschangriff praktisch keine Anwendung. 'Ich bezweifle, daß dieser in Bayern irgend einen Nutzen hätte', sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Der Bonner Kompromiß in dieser Sache sei ohnehin praktisch ohne Wert. 'In dieser Form war klar, daß der Große Lauschangriff leerläuft', sagte der Sprecher. Der Bundestag hatte das Gesetz zum Großen Lauschangriff im vergangenen Mai nach jahrelanger kontroverser Debatte verabschiedet. Dafür schränkte die Legislative den Grundgesetzartikel 13 über die Unverletzlichkeit der Wohnung ein. Berufsgruppen wie Ärzte, Geistliche, Journalisten, Abgeordnete, Hebammen oder Anwälte nahm der Gesetzgeber von der Möglichkeit der elektronischen Überwachung aus." FR 24.9.98 S. 5

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"Wahlkampf der Paragraphen-Surfer
Noch immer fällt den Parteien zum Thema Internet nicht viel mehr ein als Debatten über den Lauschangriff im Netz und die Leier vom Standort Deutschland - von Visionen für die Zukunft des Internet keine Spur. ... Nur auf den Seiten der FDP wurde angemerkt, daß man gegen ein Kryptographie-Verbot sei und für ein E-Mail-Geheimnis. Kritik an den Entwürfen der Telekommunikations-Überwachungs-Verordnung (TKÜV) und der Technischen Richtlinie (TR) wurde durch Vertagen der dafür geplanten Bundestagsdebatte aus der heißen Wahlkampfzeit geschossen. Deshalb ist auch auf den Partei-Websites sonst keine Erklärung dazu zu finden. ... Allmählich setzt sich in der Politik auch die Einsicht durch, daß man Verbrechen im Internet nicht über staatlich regulierte Kryptographie auf die Spur kommt. 'Verbrecher können im Gegensatz zum einfachen Bürger verschlüsselte Daten so verstecken, daß sie niemand bemerkt', führt SPD-Internetexperte Jörg Tauss an." taz 24.9.98 S. 19

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"Polizei will Lügendetektor bei Mordfall einsetzen
Die Polizei in Hannover will bundesweit zum ersten Mal einen Lügendetektor bei einem Mordfall einsetzen. Zunächst müsse aber die grundsätzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) über die Zulassung von Lügendetektoren abgewartet werden." Welt 24.9.98 S. 2

"Einsatz von Lügendetektoren gestoppt" BerlZtg 24.9.98 S. 8

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"Das obszöne Verfahren - Wie im Umgang mit Bill Clinton Wahrheitssuche zur Heuchelei wird" DIE ZEIT 24.9.98 S. 17

"Verrat am höchsten Amt
Clinton hat die Werkzeuge der Präsidentschaft verloren" DIE ZEIT 24.9.98 S. 24

"Gnadenlose Fragen
Die Veröffentlichung des Videos verstößt gegen die US-Verfassung" DIE ZEIT 24.9.98 S. 24

"Freiheit in Gefahr
Auch ein Präsident hat das Recht auf Privatheit" DIE ZEIT 24.9.98 S. 24

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"Für alle Fälle ein Gütesiegel"
Vorschlag von Noch-Wirschaftsminister Rexrodt für einen Krypto-TÜV nach Art des Blauen Engels. DIE ZEIT 24.9.98 S. 24

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